Erstes Wohnungs­markt­baro­meter für Kassel

Die Stadt Kassel hat erstmals eine Befragung von Expertinnen und Experten aus Wohnungs- und Sozialwirtschaft zur Wohnungsmarktlage vorgenommen. Schwerpunkte der Expertenbefragung waren die aktuelle Wohnungsmarktlage, das Investitionsklima und die Fünfjahresperspektive am Mietwohnungsmarkt sowie im Eigentumsbereich.

„Das Bild der Expertenbefragung ist klar: Der Mietwohnungsmarkt in der Stadt Kassel ist angespannt, insbesondere im unteren und mittleren Preissegment. Dazu muss man wissen, dass rund 70 Prozent der insgesamt etwa 104.000 Wohnungen in Kassel Mietwohnungen sind. Diese Haushalte würden von Mieterschutzinstrumenten wie Mietpreisbremse und reduzierter Kappungsgrenze profitieren. Allerdings gilt Kassel laut hessischer Mieterschutzverordnung seit 2020 nicht mehr als angespannter Wohnungsmarkt. Seitdem können beide Instrumente nicht mehr in Kassel angewendet werden“, erläutert Stadtklimarätin Simone Fedderke. „Für die Märkte der Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen schätzt die Mehrheit der Befragten die Lage übrigens auch als angespannt ein.“

Zwei Befunde sind für alle drei Teilmärkte stabil: Zum einen wird die Marktlage im oberen Preissegment durchweg weniger angespannt eingeschätzt als im unteren Preissegment. Zum anderen ist der Wohnungsmarkt im Umland weniger stark angespannt als in Kassel. Aus Sicht der Wohnungssuchenden liegt eine angespannte Marktlage vor, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt.

Das aktuelle Investitionsklima auf dem Kasseler Wohnungsmarkt wird von den Befragten (siehe Hintergrund) mehrheitlich negativ wahrgenommen. Dies betrifft insbesondere den Neubau. In den Bereichen Bestandserwerb sowie Sanierung und Modernisierung ist die Experteneinschätzung positiver. Als Gründe führen die Expertinnen und Experten insbesondere überregionale Faktoren wie gesetzliche Anforderungen zur Energieeinsparung, hohe Bau- und Modernisierungskosten und die derzeitigen Kapitalmarktbedingungen an.

In der Fünfjahresperspektive erwarten die Expertinnen und Experten eine entgegengesetzte Entwicklung in den Teilmärkten. Bei den Einfamilienhäusern wird in der Stadt Kassel mit einer moderaten Verbesserung gerechnet. Im angespannten Mietwohnungsmarkt gibt die Experteneinschätzung für die nächsten fünf Jahre wenig Aussicht auf Besserung. Für alle Preissegmente bei Mietwohnungen wird in der Stadt mit einer Verschärfung gerechnet.

Fedderke kündigt daher an: „Wir werden uns beim Land Hessen dafür einsetzen, dass die Stadt Kassel wieder in den angespannten Wohnungsmarkt aufgenommen wird. Nur so können die Mieterschutzinstrumente angewendet werden.“ 2025 läuft in Hessen die Mieterschutzverordnung aus. Daher wird derzeit eine Nachfolgeregelung erarbeitet, damit die Mieterschutzinstrumente auch nach dem 25. November 2025 angewendet werden können.

Hintergrund

Die Wohnungsmarktlage wurde sowohl für die Stadt Kassel als auch für zehn Gemeinden im Zweckverband Raum Kassel (ZRK) erhoben. Die Stadt Kassel bildet gemeinsam mit Ahnatal, Baunatal, Calden, Fuldabrück, Fuldatal, Kaufungen, Lohfelden, Niestetal, Schauenburg und Vellmar eine Wohnungsmarktregion.

Zum Kasseler Wohnungsmarktbarometer wurden 86 Akteure aus Wohnungs- und Sozialwirtschaft eingeladen. Dazu zählen Wohnungsunternehmen, Wohnungsbaugenossenschaften, Hausverwaltungen, Immobilienmakler, Sozialträger sowie Interessenverbände der Bauwirtschaft, der Mietenden und Vermietenden. An der Online-Erhebung haben 30 Expertinnen und Experten teilgenommen. Die ausführlichen Ergebnisse werden zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht. Künftig wird die Stadt Kassel jedes Jahr ein Wohnungsmarktbarometer erstellen.

Mietpreisbremse: Die Reglung des § 556d BGB begrenzt die Miethöhe bei der Neuvermietung einer Wohnung auf höchstens zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Mietpreisbremse gilt nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt.

Kappungsgrenze: § 558 BGB regelt die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Allerdings darf die Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren höchstens 20 Prozent betragen (Kappungsgrenze). In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gilt eine reduzierte Kappungsgrenze von 15 Prozent.